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Ein Kunst-Kiosk, eine Videoinstallation und Kartoffeln, die im Schlüterhof wachsen: Mit Culo de Papa verwebt die Berliner Künstlerin Anne Duk Hee Jordan die koloniale Geschichte Preußens mit persönlichen Erfahrungen und nimmt die Kartoffel zum Anlass, über Identitäten nachzudenken.

Sie zeigt anhand der Kartoffelpflanze demografische, ökologische und koloniale Prozesse auf und thematisiert sie über Bilder der Einverleibung und Entkörperung. Holen Sie sich am Kiosk Ihre ganz persönliche Kartoffel-Erinnerung ab!

Beschreibungstext von Pauline Doutreluingne (Freie Kuratorin, Berlin) zu Culo de Papa (2021):

„Im Hof des Humboldt Forums realisiert die Künstlerin Anne Duk Hee Jordan die Auftragsarbeit Culo de Papa (2021). Jordan untersucht die Herkunft der Kartoffelpflanze und deren vielfältigen Auswirkungen, nachdem sie in der europäischen Kolonialzeit von der Inka-Bevölkerung genommen und nach Europa gebracht wurde. Die Frucht symbolisiert die diasporische Wirkung „einheimischer“ Arten während der kolonialen Ausbeutung.

Während diese Geschichten heute oft übersehen werden, wirft die Künstlerin ein neues Licht auf vergessene Geschichten und vernachlässigte Zusammenhänge. Culo de Papa (2021) zeigt einen Verkaufsstand, vor dem dreiunddreißig identische 3D-Drucke eines „Kartoffelpos“ (spanische Übersetzung: culo de papa) stehen. Auf der Rückseite des Kiosks ist die Video-Arbeit Disembodiment (2012) zu sehen, ein Stop-Motion-Video einer Kartoffelpflanze, die aus einem menschlichen Hintern wächst, begleitet von Ella Fitzgeralds „Let’s call the whole thing off“.

Die Kartoffel verkörpert als Frucht nicht nur eine Vielzahl von Symbolen und Ritualen, sondern fungiert auch als traditionelles Nahrungsmittel ganzer Kulturen. Jordan nannte diese Arbeit Disembodiment, um das komplexe Gefühl auszudrücken, nicht zu einer bestimmten Kultur dazu zu gehören. Auch die Kartoffel ist in Deutschland nicht heimisch.

Die Kartoffel ist ein Nachtschattengewächs und stammt ursprünglich von den Inkas. Die spanischen Conquistadores führten die Kartoffel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Europa ein. In Preußen ließ König Friedrich II. seine Landsleute förmlich auspeitschen, da sie sich hartnäckig weigerten, die Kartoffel als Grundnahrungsmittel zu akzeptieren. Die Kartoffel wurde von den misstrauischen europäischen Bauern nur langsam angenommen, aber schon bald wurde sie zu einem wichtigen Grundnahrungsmittel und einer Feldfrucht, die eine große Rolle beim europäischen Bevölkerungsboom des 19. Jahrhunderts spielte. Aufgrund der mangelnden genetischen Vielfalt und der sehr begrenzten Anzahl der ursprünglich eingeführten Sorten war die Kulturpflanze jedoch anfällig für Krankheiten.  Im Jahr 1845 verbreitete sich die Pflanzenkrankheit „Kraut- und Knollenfäule“ schnell in den ärmeren Gemeinden im Westen Irlands und führte zu Ernteausfällen, die wiederum zur großen irischen Hungersnot führten. Die Hälfte der irischen Bevölkerung wurde dezimiert; eine Million starb an der Hungersnot und bis zu zwei Millionen wanderten in die USA aus.

Die Arbeit erforscht den Stoffwechselprozess und wie die Kartoffelpflanze im Laufe der Geschichte verkörpert und entkörpert wurde und eine wichtige Rolle bei wichtigen demografischen und ökologischen imperialen Austauschwellen spielte – auch bezeichnet als Kolumbianischer Austausch, einem weitreichenden Transfer von Pflanzen, Tieren, Kultur, menschlichen Populationen, Technologien, Krankheiten und Ideen zwischen Amerika, Europa und Westafrika im 15. und 16. Jahrhundert.“

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