Dieser Artikel ist Teil des Features „Was soll das? Das Kreuz auf dem Humboldt Forum

Statements aus Kultur, Politik und Wissenschaft

24 Min Lesezeit

Susan Neiman

Direktorin des Einstein Forums, Potsdam

„Das Kreuz ist ein vieldeutiges Symbol. Für heutige Christen steht es für Nächstenliebe. Doch andere erinnert es an die Kreuzzüge und deren Pogrome gegenüber Juden und Muslimen wie auch an die Macht der Kolonialherrscher, die vorgaben, angeblichen Barbaren ewiges Heil zu verschaffen. In einem Staat, der Religion und Politik trennt, sollten wir es in den Kirchen lassen. In einem Forum, das außereuropäischen Kulturen gewidmet ist, ist das Kreuz besonders widersprüchlich. Man kann es auch nicht mit einem Hinweis auf historische Detailtreue begründen, da weder die Architektur noch der Verwendungszweck des Schlosses völlig original sein werden. Es wäre besser, darauf zu verzichten.“

Natalia Majluf

Kunsthistorikerin und Kuratorin, Mitglied des Internationalen Expertenteams des Humbodt Forums, Lima

“The Berlin Palace was destroyed: the decision to erase its ruins was a political choice. Opposed political motives determined the razing of the building that replaced it. Reconstruction through the claims of historical accuracy is not a neutral act. There can be no disinterested rebuilding, as there is no perfect return to another time, because history cannot be erased, and many memories still wage battle on the site.”

Aiman Mazyek

Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland

„Das Kreuz auf der Kuppel gehört als kulturelles und historisches Erbe dazu und ich empfinde dabei kein Gefühl des Störens, zumal man diesen Kontext nicht verschleiern oder zwanghaft abschaffen soll. Wer die Gleichrangigkeit der Religionen durch zukünftige weltliche Bauten darstellen will, kann das Symbol bsp. aller drei abrahamitischen Religionsgemeinschaften, Judentum, Christentum und Islam vereint aufnehmen.“

Das Kreuz als Symbol für das Christentum steht für Nächstenliebe, Freiheit, Weltoffenheit und Toleranz.

Monika Grütters

Staatsministerin für Kultur und Medien, Berlin

„Die nun abgeschlossene Rekonstruktion der Kuppel ist ein weiterer Meilenstein beim Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Das dazugehörige Kreuz ist ein markantes Zeichen – und eine Einladung zur Diskussion. Das Kreuz als Symbol für das Christentum steht für Nächstenliebe, Freiheit, Weltoffenheit und Toleranz. Genau das ist auch die Grundhaltung des Humboldt Forums. Als Forum der Verständigung wird es einen gleichberechtigten Dialog der Weltkulturen ermöglichen. So ist auch das Kreuz als Einladung zu verstehen, die unterschiedlichen Kulturen kennenzulernen, die im Humboldt Forum ihren Platz finden.“

Seyran Ateş, Rechtsanwältin

Initiatorin und Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin

„Ich bin eine Befürworterin des Humboldt Forums und als liberale Moscheegemeinde sind wir dankbar, dass wir im Forum eine Vitrine bestücken dürfen. Damit und mit vielem mehr, was im Gebäude passiert und passieren wird, zeigt das Forum wie offen es für die Vielfalt unserer gesellschaftlichen Realität ist. Ich begrüße die komplette Rekonstruktion der Kuppel mit Kreuz. Alles andere würde dem Gesamtkonzept des Humboldt Forums widersprechen und wäre eine Selbstzensur, die weder angebracht noch ehrlich wäre. Der Verzicht auf das Kreuz, im Interesse einer religiös-multikulturellen Gesellschaft, wäre geradezu eine Verleugnung der Geschichte des Ortes und des Gebäudes. Ein Bewusstsein für die eigene Geschichte mit all ihren Widersprüchen verdient stets den Vorrang, vor falscher Rücksichtnahme. Die Kuppel und das von ihr untrennbare Kreuz ist nicht der Ort, an dem heutige Geschichte geschrieben und Herrschaftsansprüche geltend gemacht werden. Die Kuppel mit dem Kreuz und der Inschrift ist lediglich eine saubere und ehrliche Rekonstruktionsarbeit. Sie verdient genau diesen Respekt. Mehr nicht. Das Humboldt Forum wird mit seinem offenen Konzept ganz sicher eine Bereicherung für Europas Debattenkultur werden. Darauf kann die Stadt der Widersprüche stolz sein.“

Johanna Di Blasi

Kunsthistorikerin, Journalistin und Bloggerin, Berlin. Sie ist Autorin des 2019 im transcript Verlag erschienen Buchs: „Das Humboldt Lab. Museumsexperimente zwischen postkolonialer Revision und szenografischer Wende“

„Auf dem einstigen Berliner Schloss stand das Kreuz für das Bündnis von Thron und Altar. Ohne Thron und ohne Kapelle hat es heute – scheinbar – jede Sinnhaftigkeit verloren. Tatsächlich ist es aber, durch das Weltmuseum, sprechend wie nie: Es erinnert an jene unheilige und noch zu wenig bedachte Allianz zwischen Kolonialismus und Mission, der sich auch Teile der ethnologischen Sammlungen verdanken.”

Das Kreuz steht auch im direkten Widerspruch zum Verwendungszweck des Schlosses, dem Humboldt Forum mit seinen ethnologischen Sammlungen.

Jürgen Zimmerer

Professor für Globalgeschichte an der Universität Hamburg

Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses ist auch eine Auslöschung, bestimmter Aspekte der Geschichte Berlins, der Geschichte Deutschlands: der Zweite Weltkriege mit seinen Zerstörungen, die deutschen Teilung und nicht zuletzt die DDR. Der Wiederaufbau versucht dagegen die identitätsstiftende Bezugnahme auf Preußen, auf die Monarchie, auf die Zeit vor den vor allem von Berlin/Deutschland ausgegangenen Verwüstungen zweier Weltkriege und dem Holocaust. Das Kreuz steht in diesem Kontext auch für das Gottesgnadentum der Hohenzollern, also für eine undemokratische Ausrichtung, für einen universellen Herrschaftsanspruch. Die christliche Fundierung ist Herrschaftslegitimation und gewinnt ihrerseits daraus normative Prägekraft für die Gesellschaft.

Nicht nur ist dieses Gottesgnadentum ebenso passé wie das Leitbild einer homogenen Gesellschaft, sondern das Kreuz steht auch im direkten Widerspruch zum Verwendungszweck des Schlosses, dem Humboldt Forum mit seinen ethnologischen Sammlungen. Es bleibt abzuwarten, ob das Humboldt Forum einen angemessenen Umgang mit seinem kolonialen Kern, d.h. den kolonialen Sammlungen mit ihren Raubobjekten, der völkerkundlichen Tradition und dem auf den Genozid an den Herero und Nama verweisenden Gebäude finden wird. Das Kreuz macht die Aufgabe auf jeden Fall noch schwieriger, fand die europäische Unterwerfung der Welt doch im Zeichen desselben statt.

Eine Agora für das 21. Jahrhundert möchte das Humboldt Forum sein, und mit den Denker*innen und Künstler*innen dieser Welt auf Augenhöhe diskutieren, auch als Akt der eigenen Entkolonialisierung. Es muss nun mit dem Kreuz und dessen Rolle innerhalb wie außerhalb Europas beginnen.

Jyotindra Jain

Kunst- und Kulturhistoriker, Mitglied des Internationalen Expertenteams des Humbodt Forums, New Delhi

“The Humboldt Forum has, in the past, conducted a series of brilliantly innovative experiments on the interpretation of museum objects under the umbrella of the Humboldt Lab. I suggest that after the work on the dome is completed as per the architect’s design, a ‘New Humboldt Lab’ comprising curators, academics, artists, architects, writers, film-makers, theatre persons, etc. be set up with a brief to re-create an imaginary range of alternative conceptions of the dome by producing drawings, montages, art works, architectural models, films, write-ups or any other forms of expressions, which could be eventually presented as an exhibition at the Humboldt Forum.

In my view, this creative exercise will liberate the dome from its apparent heraldic freeze and usher it into a more fluid, democratic and critical space in line with the Forum’s objectives of plurality, diversity and openness.”

Klaus Lederer

Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa des Landes Berlin

„Kreuz und Inschrift auf der Kuppel sind eine ‚Überschrift‘ über dem Humboldt Forum, die ich als falsches Signal empfinde. Das Kreuz ist ein eindeutig religiöses Zeichen, seine Inhalte klar definiert. Seine Alleinstellung konterkariert nahezu alles, was wir mit dem Humboldt Forum wollen: Zeigen, wie mehrdeutig, vielfältig, verschlungener, breiter und tiefer unsere Wurzeln tatsächlich sind. Ganz im Sinne der Namenspaten, ganz im Sinne von Humanismus und Aufklärung – und der Gleichwertigkeit aller Menschen und Kulturen.“

Heute leben wir in einer postchristlichen Gesellschaft. Diese Herkunft unsichtbar machen zu wollen, ist trotzdem keine gute Idee.

Richard Schröder

Theologe, Politiker und Vorsitzender des Fördervereins Berliner Schloss e.V.

„Weil der Romantiker Friedrich Wilhelm IV. unbedingt in der gotischen Schlosskapelle wohnen wollte, ließ er als neue Schlosskapelle den Kuppelbau mit Kreuz und Bibelzitaten errichten. Heute leben wir in einer postchristlichen Gesellschaft. Diese Herkunft unsichtbar machen zu wollen, ist trotzdem keine gute Idee. Denn die zweifelhafte Absicht, dadurch unangreifbar zu werden, macht vielmehr ungreifbar, wie Watte. Das behindert den interkulturellen Dialog, der davon lebt, dass die Teilnehmer ihre Herkünfte mitbringen und ansprechen. Es gibt viele Kulturen und Sprachen. Keiner zugehören zu wollen macht kulturlos und sprachlos.“

Sharon Macdonald

Alexander von Humboldt Professor of Social Anthropology, Humboldt-Universität zu Berlin

„The cross is there. So what now? One of the most remarkable things about the Humboldt Forum is how its very coming-into-being has galvanised public debate about how Germany should relate to its problematic pasts – especially colonial and GDR – and to cultural diversity. The fact that people have got cross about the Humboldt Forum is perhaps what is most socially valuable about it. The key questions then are: How to tap into the public hunger for debate? How to make sure that the energy and engagement generated are not stifled by tired platitudes about Christian niceness or untenable claims of authenticity? How to ensure that the Humboldt Forum remains – or becomes even more effective as – a spur to reflection and future action?

I take inspiration from the Fourth Plinth initiative in Trafalgar Square, London. Each year, an artist creates a work for the empty plinth. These are often brilliant – playing insightfully with the plinth’s form, historical and locational symbolism. It is always exciting to see what will happen next. And it always catches attention – not only from the media but also from the many visitors who pass by. It acts as a kind of cultural weathervane, moving with concerns of the moment. The cross on the Humboldt Forum could operate likewise. Indeed, it might be repurposed to literally, as well as metaphorically, serve as a weathervane, responding to cross-currents in political and environmental climate-change. The designers and architects in the Matters of Activity research excellence cluster could, surely, contribute through their skills in the creation of clouds and bubbles (what better for corona times?), or self-generating structures that respond to prevailing conditions. Hybrid Space Lab’s designs for a greening of the Humboldt Forum as jungle top the dome with a bird or gorilla. With just a little modification, the cross might function very readily as a bird feeder, or, should the pigeons become too much of a menace, as a scare-crow. It is, after all, shaped ready for a human form, having been designed as an instrument of bodily torture. Among many intelligent site-sensitive ideas, my artist colleague Tal Adler has suggested that the cross might be temporarily transformed into the finger of doubting Thomas – thus continuing the Christian iconography but also highlighting questions of the basis of belief, as well as being a neat gesture towards Lars Ø Ramberg’s Zweifel (Doubt)mounted in 2005 on the Forum’s predecessor, the GDR Palace of the Republic, and proposed also for the current building (though remaining, I believe, in doubt).

My call, then, is for such an initiative to mobilise the creativity and capacity for provocative engagement for which Berlin is so famous.“

Reconstruction of the dome and its elements such as the cross and inscription might be symbolical and communicate different meaning to different people in connection to the past history.

Flower Manase

Senior Curator-History, National Museum of Tanzania

“Reconstruction of the dome and its elements such as the cross and inscription might be symbolical and communicate different meaning to different people in connection to the past history. It appears 2020 is already a historical year of making new history in relation to the building background. However, the developing history of 21st Century in connection to the Humboldt Forum building and it’s elements, is expected to be inclusive in giving space for the long silenced voices and majorities. The Humboldt forum building is expected not only to showcase the world cultures to attract European tourism and cultural debates. But to play a role of honouring ancestors and their work of cultures we are researching, celebrating, debating, exhibiting and commemorating. It is my wishes, the Humboldt forum will not only become a platform for debates/dialogues but also a place where displayed works of ancestors will breath ‚freedom‘ and receive the light of ‚justice‘ based on the past global history of imperialism and colonialism”.

Christoph Markschies

Dekan der Theologische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, designierter Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften

„Der Bundestag hat 2002 in einem historischen Kompromiss nahezu mit Zweidrittelmehrheit beschlossen, im Humboldt Forum die Wiedererrichtung der Fassaden des einstigen Schlosses mit einer zeitgemäßen Nutzung als Ort der außereuropäischen Kulturen zu verbinden. Als historisch denkender Mensch bin ich dankbar dafür, dass man die Aufgabe der Wiedererrichtung der Fassaden kunsthistorisch wie denkmalpflegerisch ernst genommen hat und daher nicht auf Details verzichtet hat, die wir heute aus guten Gründen nicht an öffentlichen Gebäuden anbringen würden – beispielsweise einen Hinweis auf einen Sieg über die Schweden von 1715. Die Laientheologie des preußischen Königs Fried-rich Wilhelm IV., die in der Kuppel Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Ausdruck als bedeutendes Kunstwerk findet, analysiere ich als evangelischer Theologe unserer Tage wie viele andere Zeugnisse der Christentumsgeschichte mit erheblicher Distanz. Aber ich denke, dass der Streit um das Kreuz über der Stadt wie viele andere Auseinandersetzungen um das Humboldt Forum Katalysator notwendiger Debatten unserer Gesellschaft sein kann, in diesem Fall über die Rolle von Religion. Insofern freue ich mich über das Kreuz auf der Kuppel.”

Wolfgang Thierse

Ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages und Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss

„Muss jemand Angst vor dem Kreuz auf der Kuppel des Humboldt Forums haben? Ich denke: nein. Zunächst gehört es zur originalgetreuen Rekonstruktion der Barockfassaden des Berliner Schlosses, ganz einfach. Niemand wird es noch ernsthaft als Triumphzeichen missverstehen, auch wenn es einmal das Zeichen einer Thronreligion gewesen ist. Aber das Kreuz war immer ein Symbol von wahrlich komplexer Ambiguität: Religiöses Zeichen schlechthin des Christentums als Versinnbildlichung von Leid und Heil, von Opfer und Erlösung. Und genau als solches Zeichen wirkte und wirkt es weit übers Christentum hinaus, ist es Teil einer globalen und auch säkularen Kultur und Geschichte geworden und geblieben.

Es tilgen zu wollen, weil wir doch – zwar nicht in einer säkularen – aber doch religiös-weltanschaulich pluralen Gesellschaft leben, wäre eine billige Leugnung dieser geschichtlichen und kulturellen Prägung. Und mehr: Das stünde im Widerspruch zu unserer Verfassung. Denn der Staat des Grundgesetztes ist religiös-weltanschaulich neutral. Er verficht selbst keine Weltanschauung, um so die Religionsfreiheit seiner Bürger zu ermöglichen. Die Respektierung dieser Neutralität darf deshalb auch nicht zur Privilegierung von Religionslosigkeit führen. Im Gegenteil: Der neutrale Staat hat die Pflicht, Religionsfreiheit in umfassendem Sinn zu gewährleisten. Er darf also auch nicht den Eindruck zulassen, dass die negative Religionsfreiheit der vornehmere, staatsangemessenere Teil von Religionsfreiheit sei und deshalb bevorzugt zu schützen wäre. Es gibt kein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht, nicht von der Religion bzw. Weltanschauung der Anderen, der Mitbürger behelligt zu werden! Der neutrale Staat darf in seiner Praxis nicht religiöse Symbole in der Öffentlichkeit schlechter stellen als nicht-religiöse. Ja, er sollte nicht einmal das Fehlen religiöser Symbole privilegieren (allerdings darf er auch nicht religiöse Symbole instrumentalisieren, etwa für parteipolitische, wahlpolitische Zwecke).

Dem durchaus konfliktträchtigen religiös-weltanschaulichen Pluralismus sollte der religionsneutrale Staat nicht durch institutionelle Bilderstürmerei begegnen, durch Säuberung öffentlicher Räume von religiösen Symbolen. Er hat weder das Recht, noch die Pflicht zur Nivellierung faktischer religiöser und weltanschaulicher Pluralität – etwa zugunsten einer religionslosen bzw. religionsverbergenden Neutralität.

Also, niemand sollte Angst haben vor einem Kuppelkreuz! Es ist Teil unserer Pluralität und Teil eines liberalen Umgangs mit dieser Pluralität!“

Christian Stäblein

Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

„Das Kreuz auf der Schlosskuppel sehe ich vor allem als Verpflichtung: Es ist das zentrale christliche Symbol, das viel Missbrauch in seiner Geschichte überstanden hat. Seine Botschaft lautet Hingabe, Vergebung und Versöhnung, nicht Dominanz und Herrschaft. Sein Gold strahlt für alle, die ausgegrenzt und erniedrigt werden. Sie holt Gott in die Mitte. Er beugt sich zu uns, hebt aus dem Staub und stürzt die sich für mächtig halten vom Thron. Ein gewaltiges, goldenes Unterfangen. Gerne weit sichtbar.“

Yasha Young, Kuratorin

Gründerin von Urban Nation, Berlin

“Most of us have considerable freedom to discuss and debate – free speech. Historically a great achievement and value of humankind. The majority of humanity does not have these privileges. Starting a discussion means to evolve and can be productive. The full historical context of the Humboldt Forum is a value, as is its transition, current and future content.Erasing historical positions because they may not fit in today’s view may be one way to handle history. The other aspect is living with and discussing the potential controversies to learn from them and each other. I hope that the entirety of the Humboldt Forum remains an open format and place for valued opinions, stays true to what a Forum should be by definition: “a meeting or medium where different ideas and views on a particular issue, are freely and openly exchanged” and hence acts as a place for cross genre, generation and cultural debate. Become a place of change. Visually, musically, and academically.Too often, historical Artifacts around the world were erased as part of the course of history and sadly still are to this day. These questionable actions were a way to handle the unwanted or controversial. I hope we can see all history as part of our culture, or culture in general and aim to acknowledge the past and also present lessons and relevance.”

Volker Hassemer

Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin

„Das Humboldt Forum und das nachgebaute Hohenzollernschloss – das ist keine konfliktfreie Paarung. Aber sie ist möglich. Vor allem: sie ist auf demokratischem Wege beschlossen worden und darum richtig, die Reibungen zwischen dem Gebäude und seinem Inhalt eingeschlossen. Denn falsch und feige wäre es, den Konflikt zu leugnen, so zu tun, als sei das alles einfach.
Warum zeigt dies besonders eindrucksvoll die Frage des Kreuzes auf der Kuppel? Vor allem wegen des Gewichts und der Bedeutung dieses Humboldt Forums selbst, die man nicht hoch genug einschätzen kann: Das Humboldt Forum in der absoluten Mitte der deutschen Hauptstadt zu errichten, dort wo einmal das Stadtschloss stand, ist ein großartiger Entschluss Deutschlands und Berlins. Nutzungen von höchster nationaler Bedeutung standen da zur Diskussion. Woanders besetzen einen solchen Platz die nationalen Regierungssitze oder Parlamente, die politischen und religiösen Kathedralen des jeweiligen Landes.

Wir Deutsche aber haben am Ende diesen unseren einmaligen Ort nicht für die eigene Repräsentation in Anspruch genommen. Wir haben ihn mit dem Humboldt Forum den Kulturen der Welt zur Verfügung gestellt. Ermutigt und legitimiert durch die Namensgeber, zwei der größten Söhne unseres Landes, Wilhelm und hier vor allem Alexander von Humboldt. Eine grandiose und durchaus auch selbstverpflichtende Geste des wiedervereinigten Deutschland gegenüber der Welt, über die wir alle nur froh, ja: stolz sein können. Mir jedenfalls geht es so.

Und es ist schwerlich zu bezweifeln: Niemand würde ein Humboldt Forum neu mit einem Kreuz obenauf planen. Ebenso wenig würde man dem getreulich rekonstruierten Stadtschloss das Kreuz auf seiner Kuppel verwehren. Und hätte die historische Kuppel kein Kreuz gehabt, würde niemand jetzt danach verlangen. So aber sind es die Argumente der Rekonstruktion, die ihm heute den Platz zuweisen.

Das Christliche, die Kultur des Christentums wird zweifellos  auch in diesem neuen/alten Gebäude zu Hause sein. Es gehört zum Konzept des Humboldt Forums. Aber in dessen Geiste wird es dort zu Hause und gewürdigt sein. Es würde sich ja selbst nicht den Tort antun wollen, dort, wo die Kulturen sich dadurch auszeichnen werden, dass sie sich auf gleicher Höhe und mit gegenseitiger Hochachtung begegnen — dort „obenan“ stehen zu wollen. Nein, es wird nicht „seinetwegen“, es wird aus Gründen der Rekonstruktion oben stehen.

„Große Geste“: Wie wäre es gewesen, hätte die Kirche, die auch meine ist, die Erbauer des Humboldt Forums gebeten, bei  der Kuppel, unter der es keine Kapelle mehr gibt, auf das Kreuz zu verzichten? Kein Verzicht. Ein Geschenk, nicht nur zum Wohl und zu Ehren des Beschenkten.”

Mein Kreuz ist die Kreuzung – Begegnungsstätte, Entscheidungspunkt und Dialog.

Mia Florentine Weiss

Künstlerin, Berlin

„Das Kreuz mit dem Kreuz – Kreuz Weg oder Kreuz „weg“? So auch der gleichnamige Titel meiner Ausstellung im Stadtmuseum Berlin, in der wir ein überdimensionales, begehbares Kreuz auf Augenhöhe in europäische Erde gebettet haben. Ist es gefallen, umgestürzt oder gar niedergelegt? Die Museumsbesucher wurden mit dieser Fragestellung konfrontiert, die an die Kreuzdebatte auf der Kuppel des Humboldtforums erinnert. Zwei Linien, die sich kreuzen!

Im Kreuzzeichen als Schnittpunkt begegnen sich die Welt des Geistes und der Materie, des Himmels und der Erde. Vom Huppekasten bis zum Kruzifix, zwischen horizontal und vertikal bis zum Fadenkreuz, vom ehemaligen Folterinstrument bis zum graphischen Zeichen par excellence, vom Symbol des Todes bis hin zur Kreuzung – das Kreuzthema polarisiert.

Karlheinz Lüdeking schreibt darüber im KREUZWEG Katalog: „Die Geste einer Kreuzniederlegung gleicht die einer Waffenniederlegung, die Todesstrafe kann hiermit nicht mehr vollzogen werden! Im Gegensatz zu einer ‚Kreuzaufrichtung‘, wie sie seit dem Mittelalter oft gemalt wurde, könnte man hier also von einer ‚Kreuzniederlegung‘ sprechen. Das Kreuz wird zum Ort, an dem zwei Wege sich kreuzen.“
Mein Kreuz ist die Kreuzung – Begegnungsstätte, Entscheidungspunkt und Dialog. Am Anfang war das Wort, und so schließt sich der Kreis um unser Kreuz.“

Stefan Fittkau

ausführender Metallbauer an der Kuppel des Berliner Schlosses, Berlin

„Der Aufbau der Kuppellaterne mit dem Kuppelkreuz ist in heutiger Zeit kein Widerspruch. Zu einer offenen Gesellschaft gehört auch das Bekenntnis zum Christentum. Zudem haben wir mit der Fassade keine kritische, sondern eine originalgetreue Rekonstruktion erschaffen. Zu dieser gehört auch das Kuppelkreuz. Die Nutzung des Humboldt Forums als eine global ausgerichtete Institution widerspricht meiner Meinung nach nicht der christlichen Symbolik, da die Nächsten- und Fremdenliebe elementarer Bestandteil des Christseins ist.“

Wir deuten das Kreuz nicht als Macht- oder Herrschaftssymbol, wofür es in der Vergangenheit in völliger Verkennung seiner Bedeutung Verwendung fand.

Eric Haußmann

Pfarrer der St. Marienkirche, Berlin

„Das Kreuz ist ein religiöses Zeichen – eine Erinnerung an unser Menschsein als Teil einer großen Welthauses, das wir gemeinsam mit vielen Menschen bewohnen. Es macht demütig, weil es die Abgründe des Lebens offenbart. Es erkennt an, dass Leiden und zugleich Versöhnung das Leben aller Menschen und auch in unserer Stadt prägen. Wir deuten das Kreuz nicht als Macht- oder Herrschaftssymbol, wofür es in der Vergangenheit in völliger Verkennung seiner Bedeutung Verwendung fand. Es mahnt zur kritischen Selbstreflektion. Demütig suchen wir als Christ:*innen mit dem Blick zum Kreuz das Verbindende von Kulturen, Religionen und Menschen sowie unseren religiösen Grund. In diesem Sinne und in dieser Deutung verstehen wir auch das Kuppelkreuz des Berliner Schlosses in der Mitte der Stadt.“

Christiane und Gerrit Winter

Förderer der Wiedererrichtung der historischen Fassaden des Berliner Schlosses

„Das Kreuz auf der historischen Kuppel steht in unserer Zeit für Solidarität mit allen Menschen in der Welt, ob Christen oder Nichtchristen. Jeder Mensch soll ein Leben nach den eigenen Vorstellungen führen können, seine Würde ist unantastbar. Für die Notleidenden, die Diskriminierten ist das Kreuz ein Zeichen der Hoffnung.“