Der Zauber des Kené
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| kostenfrei |
| Spanisch |
| Mechanische Arena im Foyer |
| Teil von: SPÄTI |
Kené bedeutet in der Sprache der Shipibo „Design“ oder „Zeichnung“. Es ist der komplexeste und zugleich bedeutendste künstlerische Ausdruck des Shipibo-Konibo-Volkes – und wahrscheinlich der gesamten peruanischen Amazonasregion – aufgrund der Vielfalt und Komplexität seiner Muster, der Feinheit seiner Ausführung und der Tiefe seiner Bedeutungen. Kené ist ein tiefes Geheimnis (shini): eine Himmelskarte, der Lauf der Flüsse, die Haut der Schlangen, die Adern der Pflanzen und die Visionen, die durch Medizin hervorgerufen werden.
Obwohl sowohl Männer als auch Frauen kené sehen können, sind es traditionell die Frauen, die diese Muster seit jeher auf Kleidung, Keramik und Alltagsgegenstände zeichnen. In dieser kollektiven Tradition verwurzelt, wird die indigene Künstlerin und Aktivistin Olinda Silvano erstmals in Berlin auftreten, um über ihren künstlerischen Weg, ihre Arbeit für ihre Gemeinschaft und ihr Kreativkollektiv Soi Noma zu sprechen, mit dem sie kené auf Stadtmauern gebracht und so das Gesicht ganzer Städte durch Kunst im öffentlichen Raum verändert hat.
Begleitet wird sie von dem Kurator, Autor und DJ Alfredo Villar (alias DJ Sabroso), der über die Geschichte der Shipibo-Kunst und über kollektive Schaffensprozesse wie Koshi Kené sprechen wird. Außerdem bringt er die charakteristischen Klänge amazonischer Musik mit – Klänge, die aus rao (medizinischen Pflanzen), ayahuasca-Visionen und den dazugehörigen Heilgesängen, den sogenannten ícaros, entstehen, die Olinda Silvano auch live für das Publikum singen wird.
Erleben Sie einen magischen und heilenden Abend voller Musik, Kunst und Visionen aus dem Amazonas.
Kené ist Shipibo-Kunst, Identität, Heilung, Pflanzenenergie, Ayahuasca, Piri Piri. Kené ist der Weg zu unseren Gemeinschaften, zu unseren Feldern. Kené ist Inspiration, sie entsteht aus unserem Inneren – niemals wiederholt. Kené ist Kraft, sie ist koshi, sie stärkt uns Frauen, sie treibt uns voran. Kené ist wie unser Ehemann, unser treuer Gefährte. Manchmal werden wir diskriminiert, weil wir keine Kunsthochschule besucht haben, aber wir besitzen das Wissen unserer Ahnen. Oder man schaut uns an, als wären wir kleine Kinder, doch wir sind keine kleinen Kinder – unser Denken ist groß. Kené ist das Erinnern unserer Vorfahrinnen, Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wir sind migrantische Künstlerinnen in Lima, aber wir haben unsere Wurzeln nicht vergessen. Kené, das, was wir tun, repräsentiert nicht nur das Shipibo-Volk – es repräsentiert Peru.
– Olinda Silvano –
Beteiligte
Alfredo Villar (Lima, Peru, 1971) studierte Linguistik und Literatur an der Päpstlichen Katholischen Universität von Peru sowie Kunstgeschichte an der Nationalen Universität San Marcos. Als Stipendiat der Rockefeller Foundation forschte er zum internen bewaffneten Konflikt in Peru und schrieb das Drehbuch für die Graphic Novel Rupay.
Villar hat mehrere Bücher veröffentlicht und zahlreiche Ausstellungen zur amazonischen Kunst kuratiert, darunter El milagro verde (gemeinsam mit Christian Bendayán) und Usko Ayar: la escuela de las visiones. Als Forscher zur populären Chicha-Kunst hat er Ausstellungen wie A mí qué chicha, Neón Chicha, Chicha Land (Berlin) sowie El pueblo es una nostalgia que algún día vencerá über den volkstümlichen Fotografen Nicolás Torres realisiert.
Darüber hinaus kuratierte er Ausstellungen zu Comics, grafischem Humor und Zeichnung, darunter Bumm! Historieta y humor gráfico en el Perú: 1978–1992 sowie La niña no mirada (gemeinsam mit Jorge Villacorta) über die Pionierin feministischer Kunst in Peru, Marisa Godínez.
Im Jahr 2022 organisierte er die Ausstellung Yuyay Lima, die populäre amazonische, andine und urbane Künstler*innen zusammenbrachte – darunter Olinda Silvano, mit der er 2024 am Projekt Koshi Kené arbeitete.
Alfredo Villar ist Mitglied der Global Cultural Assembly am Humboldt Forum. Er ist außerdem Schriftsteller und DJ.
Olinda Silvano ist eine amazonische Künstlerin aus der Gemeinschaft der Shipibo-Conibo. Im Laufe ihrer umfangreichen künstlerischen Laufbahn hat sie ein Werk entwickelt, das sich auf Textilien, Malerei und vor allem Wandkunst konzentriert.
Sie nahm an zahlreichen Ausstellungen zeitgenössischer Kunst teil, darunter Rivers can exist without water but not without banks (Museum of Contemporary Art, Lima, 2022), Mother plants and women fighters. Visions from Cantagallo (Museum of Contemporary Art, Lima, 2022), wo sie sowohl als Künstlerin als auch als Co-Kuratorin beteiligt war, sowie The Seeds of the Gods. Entheogenic Art of the Peruvian Amazon (Casa Perú – Russland, 2018). Außerdem war sie Teil der peruanischen Delegation bei der Kunstmesse ARCOmadrid (Spanien, 2019).
2024 erreichte sie gemeinsam mit dem Künstler Harry Chávez und dem Kurator Alfredo Villar den zweiten Platz im Auswahlverfahren für den peruanischen Beitrag zur Biennale di Venezia mit dem Projekt Koshi Kené. The Power of Kené, das anschließend in der ICPNA-Galerie in Lima, Peru, realisiert wurde.
Für ihr künstlerisches und kulturelles Engagement wurde Olinda Silvano 2018 vom peruanischen Kulturministerium als Meritorious Personality of Culture ausgezeichnet. Weitere Ehrungen erhielt sie unter anderem vom Kongress der Republik Peru und der Nationalen Universität von San Marcos.
Jüngst wurde sie in die Forbes-Liste der „50 kreativsten Menschen Perus 2024“ aufgenommen.
Julia von Sigsfeld ist seit September 2023 Restitutionskoordinatorin des Ethnologischen Museums Berlin/Museum für Asiatische Kunst im Rahmen des Vorhabens „Das Kollaborative Museum“. Zuvor war sie wissenschaftliche Assistentin der Direktorin der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen. Vorangegangen war dem eine Promotion am Lateinamerika-Institut der FU Berlin als Fellow des Graduiertenkollegs „Minor Cosmopolitanisms“ mit Abschluss im Jahr 2020.
Andrea Scholz ist Kuratorin für transkulturelle Zusammenarbeit im Ethnologischen Museum und Museum für Asiatische Kunst in Berlin. Sie ist ausgebildete Anthropologin mit dem Schwerpunkt Amazonien und arbeitet seit 10 Jahren in verschiedenen Kooperationsprojekten mit indigenen Gemeinschaften und Bildungsprojekten, hauptsächlich in Lateinamerika.