Tischgemeinschaft. Was fällt unter den Tisch?
Die VR-Installation wird im Rahmen der Sonderausstellung “Beziehungsweise Familie” ab dem 3. Oktober 2025 im Humboldt Forum zu erleben sein.
Was fällt unter den Tisch?
Zusammen zu essen ist für viele Familien ein wichtiger Moment im Alltag. Es ist eine Gelegenheit, Nahrung zu sich zu nehmen – und zugleich bedeutet es Zusammensein, Austausch und Diskussion, Freude am Miteinander. An einem Esstisch werden aber oft auch Konflikte ausgetragen und manchmal gelöst, es werden Beziehungen gestärkt oder geklärt. Es ist ein Ort, an dem kulturelle und soziale Traditionen gelebt und weitergegeben werden. Doch wer sitzt mit wem am Tisch? Wer hat das Wort und wer hört zu? Wer reagiert wie auf Unstimmigkeiten? Wie werden Entscheidungen getroffen? Wer bestimmt, wer macht die Regeln? Welche Rolle spielt die Sitzordnung? Und welche Konflikte werden umgangen?
Vielleicht kommt eine traditionelle Familienspeise auf den Tisch, vielleicht einfach ein Fertiggericht. Auf den Tisch kommen auf jeden Fall – mehr oder weniger sichtbar – die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander, ihre Ansprüche und Verpflichtungen, die diskutiert und bewahrt werden. So ist die Tischgemeinschaft auch so etwas wie ein regelmäßiges Aushandeln des Miteinanders. Wer dazugehört, wie die Rituale aussehen, kann dabei sehr unterschiedlich sein.
In einem offenen Bereich der Ausstellung „Beziehungsweise Familie“ laden zwei Tische zu einem gemeinschaftlichen Erlebnis ein. Während am großen Tisch die Besucher*innen über VR-Brillen und Top-Down-Projektion an verschiedenen Gesprächs- und Tischsituationen partizipieren können, ist ein kleinerer Tisch für das jüngere Publikum und entsprechende Vermittlungsangebote vorhanden. Parallel dazu gibt es an der Wand die Möglichkeit Gedanken und Überlegungen zu hinterlassen.
Die VR-Installation
Am VR-Tisch nehmen Besucher*innen Platz und werden per VR-Brille Teil einer ihnen fremden Familie. Sie erleben eine Essensszene aus der Perspektive eines Familienmitglieds – nicht als bloße Beobachter*innen, sondern als aktive Teilnehmende, die in Gespräche eingebunden sind. Die immersiven 360°-Videos ermöglichen es, in die Lebenswelten von fünf Familien mit unterschiedlichen Konstellationen einzutauchen und deren Essensrituale sowie familiäre Dynamiken hautnah zu erleben.
Für Besucher*innen, die keine VR-Brille nutzen möchten, bietet die Top-Down-Projektion eine alternative Perspektive. In Kombination mit Kopfhörern können sie die Szenen aus der Vogelperspektive verfolgen. Diese Ansicht stellt keine bloße Wiederholung der VR-Inhalte dar, sondern eröffnet eine eigenständige Sichtweise auf das Geschehen.
Insgesamt laden fünf etwa fünfminütige Szenen dazu ein, das Miteinander in heutigen Familien zu erleben – sie machen sichtbar, wie vielfältige Perspektiven aufeinandertreffen und Themen verhandelt werden.
Die Installation ist in deutscher und englischer Sprache verfügbar.
Ein Stück Berliner Leben
Die Szenen basieren auf realen Erzählungen aus der Berliner Stadtgesellschaft und werden von neun Schauspieler*innen eindrucksvoll dargestellt. Grundlage bildeten 15 Interviews mit Personen, die sowohl über ihre persönlichen Erfahrungen am Familientisch als auch über ihre besonderen Familienkonstellationen berichteten.
Aus diesem Material entwickelten die Drehbuchautor*innenHannah Ley und Clemens Bechtel die Szenen für die Installation.
Teaser „Tischgemeinschaft“
Betreuungsarme Installation
Die Konzeption der Anwendung erfolgte in enger Rücksprache mit dem Team des Besucherservices des Humboldt Forms, um die Installation möglichst betreuungsarm zu gestalten. Es ist uns bewusst, dass das Betreiben einer Station mit VR-Medien nicht betreuungsfrei möglich ist, durch folgende Maßnahmen haben wir versucht, den Aufwand möglichst gering zu halten.
Die Station bietet eine hybride Ausspielung – der Clip ist sowohl in den VR-Brillen, die auf dem Tisch liegen, mit Ton und englischer Untertitelung zu sehen, wird aber auch als Top-down Shot auf den Tisch in der Ausstellung projiziert. Der Ton ist über bereitliegende Kopfhörer auf Deutsch oder mit englischem Voice Over zu hören. Mit der Projektion haben wir eine alternative Lösung, sollten die VR-Brillen zeitweise ausfallen, oder entschieden wird, nur zu bestimmten Zeiten das VR-Angebot zur Verfügung zu stellen.
Ein Kiosksystem erlaubt uns sowohl die Fernüberwachung der Brillen, sowie auch die Bereitstellung des Content, als auch eine automatisierte, nutzerfreundliche, intuitive Handhabung. Die Szenen beginnen selbstständig, funktionieren ganz ohne Controller und laufen störungsfrei – auch bei unbeabsichtigter Bedienung. Durch die Schnittstelle können die Brillen im Falle eines Notfalls temporär abgeschaltet werden.
Idee/Konzeption, kuratorisches Team
Team Digitales, Clemens Bechtel, Julia Kuhnert, Vivien Kunde, Andreas König, Hannah Ley, Isabel Meixner, Daniela Prochaska
Recherche und Interviews
Clemens Bechtel, Andreas König, Hannah Ley
Drehbuch
Hannah Ley, Clemens Bechtel
Regie
Hannah Ley, Clemens Bechtel
Casting
Timeprints, Hannah Ley, Clemens Bechtel
Schauspieler*innen
Verena Bonkirch, Sora Ley, Thembi Menck , Martin Ontrop , Yola Otufowora , Susanne Scholl , Salim Saglam, Christina Tzatzaraki, Mehmet Yilmaz
Innere Stimme Mädchen
Elsa Kahrmann
Innere Stimme Junge
Niklas Ulonska
Innere Stimme Mutter
Hannah Ley
Innere Stimme Vater
Martin Ontrop
Kamera
Andreas König
Licht
Andreas König, Franzi Busl
Audio
Nils Plambeck, Andreas König
Bühnenbild
Andreas König
Szenenbild
Daniela Prochaska
Kostümbild
Tanja Liebermann
Kostümassistenz
Julika König, Penny Beiersdorf
Maskenbild
Julia Grieshaber
Bau Lampe
Mischa Rhode
Setbau
m.o.l.i.t.o.r. GmbH
Projektleitung
Julia Kuhnert
Produktion
Sitftung Humboldt Forum, Timeprints
Produktionsassistenz
Kersten Johannsen
Teamassistenz
Anika Ziemer
Postproduktion
Daniela Prochaska, Andreas König
Musik
Andreas König
Sprecher Voice Over
Mark Mullens
Voice Over
Mixwerk Media Solutions GmbH
Transkription, Übersetzung, Untertitel
allround Fremdsprachen GmbH