MUSICAL BELONGINGS II
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16 € / ermäßigt 8 € |
18.00 Einführung |
Dauer: 90 min |
Keine Sprachkenntnisse erforderlich |
Saal 2, EG |
Gehört zu: Musical Belongings |
Der Reichtum des europäischen Barock ist ohne die Kolonisierung Südamerikas nicht denkbar. 500 Jahre später treffen im teilrekonstruierten Barockschloss nun zeitgenössische Indigene Musik, Quechua Rap, elektroakustische Musik und Alte Musik europäischer Tradition zusammen. Das zweite Konzertprojekt der Reihe MUSICAL BELONGINGS lädt Musiker*innen aus den Anden-Regionen in Peru und Kolumbien zu einer außergewöhnlichen musikalischen Begegnung mit der lautten compagney BERLIN ein.
Zu Gast sind Renata Flores (Peru) mit zwei Musiker*innen aus der Quechua-Tradition sowie die Komponistin Ana María Romano Gómez (Kolumbien), die eine neue Komposition eigens für das Projekt entwickelt.
Ausgangspunkt der gemeinsamen Recherchen der lautten compagney BERLIN mit den südamerikanischen Musiker*innen ist der 1631 gedruckte Hymnus „Hanacpachap cussicuinin“, der endet mit dem Ruf „Huaciascaita!“, „Ihr Himmel, erhört uns!“. Es handelt sich dabei um das älteste Zeugnis eines gedruckten Musikstücks auf Quechua. Das Stück ist der Überlieferung nach verfasst von einem anonym gebliebenen indigenen Studenten des Franziskanermönchs Juan Pérez Bocanegra. Als Hybrid ist das Stück vielfach interpretierbar. Es zeugt von christlichem Missionierungseifer und vom Import der spanischen Vokalpolyphonie nach Peru, zugleich eignet sich die indigene Ritual- und Musikkultur der Quechua die europäische Tradition aber auch an und deutet den katholischen Marienkult um zur Kosmosvision der Quechua. Auf die historischen Dokumente des sogenannten „Jesuitenbarock“ geben die Raps von Renata Flores eine zeitgenössische Antwort.
Ana María Romano Gómez wird sich in ihrer elektroakustischen Auftragskomposition mit dem Phonogramm-Archiv des Humboldt-Forums befassen und die Funktionen einer kolonial motivierten Klang-Erfassung der Welt befragen.
Sie gilt als die Quechua Rap Queen aus Peru. Sie kommt aus einer musikalischen Familie, hat Quechua studiert und ist heute eine der bekanntesten Stimmen des Landes, als politische und musikalische Botschafterin der indigenen Gemeinschaften.
Sie arbeitet mit elektroakustischer Musik, Live-Instrumenten und Field Recordings. Als Forscherin hat sie sich viel beschäftigt mit Jacqueline Nova, der großen Pionierin der lateinamerikanischen Musik, die in ihrer Komposition „Creación de la tierra“ schon in den frühen siebziger Jahren mit indigenen Musikerinnen kollaboriert hat.
Die lautten compagney BERLIN unter der Leitung von Wolfgang Katschner zählt zu den renommiertesten Orchestern der Alten Musik. In den letzten 39 Jahren seit ihrer Gründung 1984 begeisterte sie Musikliebhaber*innen auf der ganzen Welt. Im Herbst 2019 wurde sie mit dem OPUS Klassik als Ensemble des Jahres ausgezeichnet. Mit Konzerten, Opernaufführungen und Crossoverprojekten setzt sie einzigartige musikalische Akzente. Das Ensemble gehört zu den wenigen freien Produzenten von Musiktheaterprojekten in Deutschland. Für seine ungewöhnlichen und innovativen Programme wird es vom Publikum wie von nationalen und internationalen Feuilletons gleichermaßen geschätzt. Neben ihren Auftritten in Berlin tourt die lautten compagney mit ca. 100 Konzerten pro Jahr durch die Bundesrepublik, Europa und die Welt. Die letzten großen, außereuropäischen Tourneen führten im Jahr 2019 durch zehn Städte Chinas und im Herbst 2021 nach Bogotá in Kolumbien. An der Dresdner Semperoper feierte die lautten compagney kürzlich als erstes Gastensemble in der jüngeren Geschichte des Hauses die umjubelte Premiere von Monteverdis „L’Orfeo“.
Die lautten compagney pflegt als wichtigen Teil ihres Programmspektrums mit großen Repertoirewerken musikalische Traditionen. Wolfgang Katschner und sein Ensemble sind nicht nur neugierig auf Musik, sondern auch auf neue Wege ihrer konzertanten Darstellung. Ihre eigene, individuelle Plattform für Experimente hat die lautten compagney u. a. mit dem Format der :lounge gefunden. Hier zeigt sie, dass Alte Musik und Zeitgenössisches sehr wohl kombinierbar sind. In der :lounge bereichern Live-Sampling und -Sounds die Klangfarben der barocken Instrumente und bieten Raum für überraschende Improvisationen. Wenn alte Werke so von neuen Ideen inspiriert werden, verschwinden musikalische Grenzen.
Lautten Compagney – Thema – YouTube
Von Haus aus Lautenist, gründete Wolfgang Katschner 1984 zusammen mit Hans-Werner Apel die lautten compagney BERLIN, Herzstück seines vielfältigen Wirkens als Musiker, Organisator und Forscher in den Klangwelten der „Alten Musik“.
Auf CDs präsentiert sich Wolfgang Katschner mit seinem Ensemble als Grenzgänger; neben Weltersteinspielungen von Opern wie „Didone abbandonata“ stehen ungewöhnliche Kombinationen von Komponisten: Philipp Glass und Tarquinio Merula („Timeless“), Heinrich Schütz und Friedrich Hollaender („War & Peace“) und Heinrich Ignaz Franz Biber und Astor Piazzolla („Misterio“). Jedes dieser Programme steht für die Überzeugung, dass »Alte« Musik genauso modern ist wie die später geschriebene Musik und sich, tritt man einmal aus der selbstgewählten Isolation als Musiker „Alter“ Musik, für Musiker*innen wie Publikum äußerst gewinnbringend mit modernerem Repertoire verbinden lässt.
Seit einigen Jahren tritt Wolfgang Katschner auch erfolgreich als Gastdirigent an deutschen Opernhäusern hervor. So war er 2012–2016 musikalischer Leiter des Winter in Schwetzingen; nach Gastspielen in Bonn (Händels „Rinaldo« und „Giulio Cesare“) und Oldenburg (Hasses „Siroe“) verantwortete er mehrere Opernproduktionen am Staatstheater Nürnberg: „Il ritorno d’Ulisse in patria“, „Serse“, „La Calisto“ sowie „Bajazet“. Zuletzt dirigierte Katschner Monteverdis „L’Orfeo“ an der Semperoper Dresden.
Verstärkt engagiert sich Wolfgang Katschner zudem in der Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses. Er war Gastprofessor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, beim Sing-Fest in Hongkong, Artist in Residence bei BarockVokal in Mainz und arbeitete 2018 und 2019 mit Sänger*innen an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar.