Solidarität und Transformation: Kulturpaläste als Orte der Revolution
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kostenfrei |
Englisch + Simultanübersetzung Englisch-Deutsch |
Dauer: 60 min |
ab 14 Jahre |
Mechanische Arena im Foyer |
Gehört zu: Post/Sozialistische Paläste |
In der Bildungs- und Kulturpolitik sozialistischer Staaten spielten Kulturpaläste eine zentrale Rolle: Als Orte der Begegnung und Bildung, der Kultur und des Sports waren sie Teil des staatssozialistischen Social Engineering. Zugleich waren sie architektonische Ikonen vieler ost-, mittel- und südeuropäischer Hauptstädte. Doch Kulturpaläste waren nicht nur in den sozialistischen Metropolen zu finden – auch in Kleinstädten und Peripherien wurden systematisch Kulturhäuser errichtet, in denen die Bevölkerung Bildungs-, Kultur- und Sportangebote wahrnehmen konnte, die zugleich der Formung des „sozialistischen Menschen“ dienten. In den Wendejahren um 1989 spielten Kulturhäuser und -paläste dann als physische Orte eine wichtige Rolle in der Systemtransformation. Und heute? Der Umgang mit dem architektonischen und kulturellen Erbe der Paläste ist so vielfältig wie die Gesellschaften Mittel-, Ost-, und Südosteuropas. In fünf Paneldiskussionen, kuratiert von der Bundeszentrale für politische Bildung, blicken Besucher*innen des Humboldt Forums zusammen mit Gästen aus den jeweiligen Ländern auf Warschau, Kyjiw, Belgrad und Minsk. Dabei erfahren sie mehr über die sozialistische Idee der Kulturpaläste, urbane Debatten, Revolutionen im städtischen Raum, internationale Diskurse, politische Proteste, Staatsgewalt und schrumpfende Räume für Kultur.
Kulturpaläste und andere öffentliche Bauten prägten den öffentlichen Raum in sozialistischen Städten. In Kyjiw lässt sich der historische Wandel dieser Räume beispielhaft am „Maidan Nesaleschnosti“, dem „Platz der Unabhängigkeit“ nachverfolgen, im Volksmund schlicht „Maidan“ genannt. In der postsowjetischen Ära wurde der Platz durch raumgreifende stalinistische Architektur als Ort der Macht inszeniert, und auch die postsowjetische Architektur füllte ihn danach vor allem mit staatlich-repräsentativen Funktionen. Doch die ukrainische Bevölkerung eignete und eignet sich öffentliche Plätze und Gebäude offensiv selbst an – im Alltag, aber auch in Widerstandsbewegungen, Revolutionen und in Zeiten des Kriegs. Das Gespräch geht den Transformationen der öffentlichen Architektur Kyjiws nach und fragt nach ihrer Bedeutung als Ort ziviler Selbstermächtigung für das transgenerationelle kollektive Gedächtnis der Ukraine.
Begrüßung und Einführung
Carolin Savchuk, Referentin für Russland und Belarus, Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa der Bundeszentrale für politische Bildung
Referent*innen
Evgeniya Molyar, Kunstkritikerin, Mitglied der Initiative DE NE DE und Koordinatorin des Projekts „Soviet Mosaics in Ukraine”, Berlin
Vasyl Cherepanyn, Kurator, Leiter des Visual Culture Research Center (VCRC), Berlin
Kateryna Mishchenko, Essayistin, Übersetzerin und Verlegerin aus Kyjiw, ist zurzeit Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin
Moderation
Kateryna Stetsevych, Leiterin der Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
Carolin Savchuk arbeitete nach ihrem Studium der Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien mit Schwerpunkt Mittel- und Osteuropa an der Universität Passau über zehn Jahre als freiberufliche Facilitatorin und Trainerin mit Kulturmanager:innen in Osteuropa, Zentralasien und im Südkaukasus. Ab 2017 baute sie im Museum Berlin-Karlshorst, historischer Ort des Kriegsendes in Europa im Mai 1945, den Bereich Bildung & Vermittlung auf und leitete diesen bis 2023. Seit Mai dieses Jahrs ist sie Referentin in der Projektgruppe Mittel- / Ost- und Südosteuropa der Bundeszentrale für Politische Bildung in Berlin.
Evgeniya Molyar ist Kunsthistorikerin. Sie studierte an der Nationalen Akademie der Schönen Künste und Architektur in Kyjiw. Der Fokus ihrer Arbeit ist das kulturelle Erbe der Sowjetzeit, insbesondere monumentale Kunst. Sie kuratierte ein Projekt mit dem Titel SOVIET MOSAICS IN UKRAINE. Als Mitglied der selbstorganisierten Initiative DE NE DE erforscht und bewahrt sie das unbequeme kulturelle Erbe im Kontext ideologischer Veränderungen. Molyar ist Pre-Doc-Stipendiatin an der Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom. Ihr besonderes Interesse gilt hier der Erforschung zeitgenössischer künstlerischer Praktiken in der ukrainischen Kunst, die sich dem kulturellen Erbe der Sowjetzeit zuwenden.
Dr. Vasyl Cherepanyn ist Leiter des Visual Culture Research Center (VCRC), einer Einrichtung, die er 2008 in Kyjiw als Plattform für die Zusammenarbeit zwischen akademischen, künstlerischen und aktivistischen Gemeinschaften mitbegründet hat. Das VCRC ist der Organisator der Kyjiwer Biennale und Gründungsmitglied der East Europe Biennial Alliance. Cherepanyn hat in Philosophie promoviert und an mehreren Universitäten in Kyjiw und anderen Städten Europas gelehrt. Er ist Kurator, Autor und Herausgeber.
Kateryna Mishchenko ist Schriftstellerin, Kuratorin und Mitbegründerin von Medusa, einem unabhängigen ukrainischen Verlag. Sie lehrte Literatur an der Nationalen Linguistischen Universität Kiew und arbeitete als Übersetzerin im Bereich der Menschenrechte. Ihre Essays wurden in ukrainischen und internationalen Anthologien und Zeitschriften sowie in dem Buch Ukrainische Nacht veröffentlicht. Zusammen mit Katharina Raabe ist sie Mitherausgeberin des Buches „Aus dem Nebel des Krieges“ (2023), erschienen bei Suhrkamp. Mischtschenko lebt und arbeitet in Kiew, derzeit ist sie in Berlin.
Kateryna Stetsevych studierte Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft an der Universität Czernowitz und der Freien Universität Berlin. Arbeitete als freiberufliche Kuratorin und Dozentin für internationale Mittlerorganisationen wie u.a. das Goethe-Institut und die GIZ sowie Kulturinstitutionen in Deutschland. Koordinatorin des Programmschwerpunkts „tranzyt. Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus“ der Leipziger Buchmesse (2012–2014). Gegenwärtig Leitung der Projektgruppe Mittel- und Osteuropa in der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
Die Reihe „Paläste fürs Volk. Kulturpaläste im Osten Europas vor und nach 1989“ wird kuratiert von der Bundeszentrale für politische Bildung
